Die PEKING

Flying-P-Liner „Peking“ auf hoher See

Christine Hieber und Volker Börkewitz

Die PEKING, heute Museumsschiff in Hamburg, ist ein typischer Frachtsegler aus der letzten Epoche der Schifffahrt unter Segeln. Für die Hamburger Reederei F. Laeisz wurde sie 1910/11 bei Blohm + Voss in Hamburg als älteres Schwesterschiff der PASSAT gebaut (heute Museumsschiff in Lübeck-TRAVEMÜNDE). Mit 115 m Gesamtlänge, 14,40 m Breite, einer Tragfähigkeit von 4704 tons Deadweight gehörten die beiden Schwestern zu einer ganzen Serie gleichartiger Viermastbarken, die Laeisz zwischen 1891 und 1926 für den Transport von Salpeter aus Chile bauen ließ und deren konstant schnelle Reisen der Reederei den Beinamen „The Flying P-Line“ einbrachten.

Volker Börkewitz

Europa braucht Dünger aus Südamerika

Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts wuchs die Bevölkerung in Europa so stark, dass die Landwirtschaft in der Nahrungsmittelproduktion mit ihren herkömmlichen Methoden der Düngung durch menschliche und tierische Exkremente nicht mehr mithalten konnte. Es musste Ersatz her. Der kam in der ersten Hälfte bis ca. 1860 dank der Forschungsreisen Alexander von Humboldts zuerst in Form von Vogelmist, dem Guano, nach Europa. Abgebaut wurde Guano auf den Chincha Inseln vor der Küste Perus, wo Millionen von Seevögeln über Jahrhunderte Millionen Tonnen Vogelkot hinterlassen hatten.

Die Salpeterhäfen

Mit dem Rückgang dieses natürlichen Düngers, dessen Qualität in den tieferen Schichten stark abnahm, mussten weitere Quellen erschlossen werden. Man fand in der Atacama-Wüste an der Pazifikküste Südamerikas ein in Gestein gebundenes Salz, das die Düngung noch besser unterstützte, Salpeter, später Chilesalpeter genannt. Doch wem gehörte die Wüste?

Konflikte um das Düngesalz

Nach dem Ende der spanischen Kolonialherrschaft in Südamerika zwischen 1810 und 1830 war der Verlauf der Grenzen zwischen den neuen Staaten in vielen Regionen unklar, Konflikte waren die Folge. Auch die Zugehörigkeit der Atacama-Region an der Pazifikküste zwischen den neu gebildeten Staaten Chile, Peru und Bolivien war umstritten. Bolivien hatte zu jener Zeit noch Zugang zum Pazifik.

Im Februar 1878 führte die Regierung Boliviens eine neue Exportsteuer für chilenische Salpeterunternehmen ein. Sie verstieß damit gegen einen Grenzvertrag zwischen Chile und Bolivien. Daher kam es 1879 zum Salpeterkrieg zwischen Bolivien mit Peru gegen Chile, den Chile nach 5 Jahren für sich entschied. Das gesamte Gebiet der Atacama und der Küstenstreifen von Antofagasta bis oberhalb Iquique auf peruanischem Gebiet wurde von Chile annektiert. Nach diesem Krieg dominierte England bis 1890 mit etwa 60% die Nitratindustrie in Chile, aber chilenische und deutsche Firmen bauten ihre Handelsanteile aus

Gefährliche Arbeit in den Salpeterminen

Salpetermine in der Atacamawüste.

Bis Anfang des 20. Jahrhunderts wurden über einhundert Salpeterminen von englischen und deutschen Unternehmen gegründet. Zu den Unternehmen zählten auch die Hamburger Firmen Fölsch & Martin, Henry B. Sloman sowie Johann Gildemeister aus Bremen, die um die Jahrhundertwende ein Viertel des gesamten Salpeteraufkommens produzierten. Ihre Minen, die sogenannten Oficinas, wie der gesamte Ort des Salpeterabbaus genannt wurde, bestanden neben dem Werk aus Wohnsiedlungen für die Minenarbeiter.

Die Oficinas lagen in der Wüste, weitab jeder Ortschaft. Es gab für die Arbeiter dort keine Möglichkeit der Versorgung. Deshalb bauten die Mineninhaber eine Versorgungsinfrastruktur, bestehend aus Bäckereien, Metzgereien, Krankenhäusern, Schulen, Sportstätten und Theatern auf. Der Lohn der Arbeiterinnen und Arbeiter in den Oficinas lag leicht über dem Lohnniveau der Bauern und anderen Tagelöhnern in Chile. Aber er wurde ihnen nur in Geldmarken ausgezahlt, die in den Einrichtungen der Oficinas eingelöst werden mussten. Die Preise waren höher, als in Läden in den weiter entfernten Städten. Der gute Lohn zahlte sich also nicht aus – er wanderte zurück zu den Mineninhabern.

Siedearbeiten bei der Salpetergewinnung

Die Arbeitsbedingungen für die rund 70.000 überwiegend indigenen Wanderarbeiter waren katastrophal. Die Knochenarbeit, das Einatmen des giftigen Salpeterstaubs bei Sprengungen und die extremen Temperaturschwankungen in der Wüste schlugen sich auf die Gesundheit nieder. Kinderarbeit ab dem achten Lebensjahr war üblich.

Gegen die schlechten Arbeitsbedingungen wehrten sich die Arbeiter in den Jahren 1901 bis 1907 immer wieder erfolglos.

Iquique, Plaza Prat (der grosse Placa)

1907 kam es zu einem Aufstand von Salpeterarbeitern. Sie wurden nach Iquique einbestellt und wollten dort ihren Forderungen nach Gehaltserhöhung, menschenwürdiger Behandlung und Gewährung einer Mittagspause Nachdruck verleihen. In der Schule Santa Maria wurden sie von Heerestruppen und Marineeinheiten umgebracht. Die geschätzten 2.000 bis 3.600 Toten wurden verscharrt oder ins Meer geworfen. Dies ist als das Massaker von Iquique bekannt geworden.

Ein Hamburger Unternehmer lässt Salpeter abbauen

Aktie der Firma H.B. Sloman

Von diesen Produktionsbedingungen profitierte auch ein Hamburger Unternehmer. Henry Barens Sloman – sein Onkel war der Hamburger Reeder Robert Miles Sloman jr. – kam 1869 nach Abschluss seiner Schlosserlehre nach Chile und trat in das Unternehmen seines Schwagers Fölsch ein. Dort stieg er zum Geschäftsführer auf. 1892 machte sich Sloman mit seinem ersten Werk, der Oficina Bueana Esperanza im Hinterland der Hafenstadt Tocopilla selbständig. Mit vier weiteren Oficinas baute er sein Imperium aus. 1898 ging Sloman nach Hamburg zurück, von wo aus er die Geschäfte in Chile weiterführte. Mit einem Vermögen von 60 Millionen Reichsmark und drei Millionen Reichsmark Jahreseinkommen war er 1912 der reichste Hamburger Bürger. In seinem Auftrag ließ er von dem Architekten Fritz Höger das Chilehaus bauen, eingeweiht 1924 und seit 2015 UNESCO Welterbe. Der Name sollte an seine fast 30-jährige Tätigkeit in Chile erinnern.

Volker Börkewitz

Ein Kaufmann braucht ein Schiff

Ferdinand Laiesz

Die Salpeterfahrt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis Mitte der 20er Jahre wurde vorranging von zwei europäischen Reedern beherrscht, dem Franzosen Antoine-Dominique Bordes und dem Hamburger Ferdinand Laeisz mit Sohn Carl und Enkel Carl-Ferdinand.

Ferdinand Laeisz, geb. 1801, gründete 1824 eine Hutmanufaktur und war damit international sehr erfolgreich. Noch im Gründungsjahr erwarb Laeisz das hamburgische Bürgerrecht. Seine Hüte waren Exportschlager, besonders in Südamerika. Von dort importierte er zunehmend Kolonialwaren: Kakao, Kaffee, Kautschuk, Tabak und Rohrzucker. Bei so viel geschäftlichem Erfolg lag es nahe, ein eigenes Segelschiff zu besitzen 1839 ließ er auf der J. Meyer Werft in Lübeck eine hölzerne Brigg bauen. Das Schiff erhielt den Namen seines Sohnes CARL.

 Laeisz wird zum Handelsherren

1815 endeten die Kriege gegen die Armeen Napoleons. Deutschland war zu jener Zeit in 35 Staaten und 4 freie Städte aufgeteilt. Doch die meisten Binnenzollgrenzen wurden bis 1834 beseitigt. Wirtschaft und Handel wuchsen. Hamburg behielt seinen Status als Freie Reichsstadt bis 1881 und hatte davon Vorteile.

Im  Mai 1842 wurde Hamburg von einem Brand heimgesucht,  bei dem die Altstadt in Flammen aufging und über 20.000 Einwohner Hamburgs obdachlos wurden. Ferdinand Laeisz hatte sein Kontor am Grimm, unweit der Katharinen-Kirche. Das Feuer, das in der Deichstraße 25 seinen Anfang nahm, fraß sich kontinuierlich in nordöstlicher Richtung durch alle Fachwerkhäuser. Laeisz rettete sein Kontorhaus und das Nachbarhaus mit Hilfe der Besatzung der CARL, die gerade im Hafen lag. Leere Rumfässer ließ er mit Wasser füllen und auf den Speicherböden verteilen. Die nicht versicherten Waren wurden eilig in Schuten auf die andere Elbseite gebracht. So konnte er weiter erfolgreich Handel treiben.

Laeisz sah sich eher als Kaufmann denn als Reeder. Somit verkaufte er 1843 die CARL wieder. Dafür beteiligte sich er sich 1847 an der Gründung der Hamburg-Amerikanischen Packetfahrt-Actien-Gesellschaft, kurz Hapag. Es war nur eine von vielen Gesellschaften, Reedereien und Seeversicherungen, an denen sich Ferdinand und sein Sohn Carl erfolgreich beteiligten.

Die Reederei der Flying P-Liners

1852 stieg Sohn Carl, geb. 1828, in die Firma seines Vaters ein und baute eine Reederei auf. Er entwickelte die Marke FL. Die Schiffsgrößen wuchsen mit der technologischen Entwicklung im Schiffbau: Eisen statt Holz und schließlich ab den 1870er Jahren Stahl. Dieser machte den Bau von Seglern mit bis zu 8.000 Tonnen Tragfähigkeit möglich.

Ab 1856 erwarb Laiesz eine kleine Flotte von Segelschiffen vom Typ Schoner, Brigg und Bark. Eine 1857 bei der Stülcken-Werft in Auftrag gegebene Bark erhielt den Namen PUDEL, der Spitzname von Carls Ehefrau Sophie – wegen ihrer Lockenpracht, die sie als Hochfrisur gesteckt trug. Später erhielten alle Segler einen Namen, der mit dem Buchstaben P begann. Diese sich allmählich durchsetzende Namensart unterstützte das Renommee der Laeisz-Segler und machte sie zu einem Markenzeichen.

Ab 1878 stieg Laeisz in die Salpeterfahrt ein. Dafür wurden robuste und schnelle Schiffe benötigt, die Fahrt ging immer um Kap Hoorn. Wichtiger noch als die Schiffe waren die Menschen, die sie bedienten. Erfahrene Kapitäne und ihre Mannschaften fuhren Reisen in weniger als 80 Tagen vom Ausgang des englischen Kanals bis zur Küste Chiles heraus. Allein die Umrundung des gefährlichen Kap Hoorns dauerte bis zu zwei Wochen. Doch die Laeisz-Segler machten diese Tour bis zu zweimal im Jahr. Die schnellen Reisen und die hervorragende Organisation zum Be- und Entladen der Segler vor Ort brachten den Schiffen der Reederei Laeisz den Namen „Flying P-Liner“ ein.

Der Kaiser will ein großes Schiff

Größenvergleich der Laiesz-Segler

Um die Tonnage zu erhöhen, wurde 1895 die 133 Meter lange Fünfmastbark Bark POTOSI mit 6.400 t Nutzlast gebaut. Der Franzose Bordes hatte zu der Zeit bereits mit der FRANCE eine Fünfmastbark. Der deutsche Kaiser Wilhe

lm II: meinte, bei einem Besuch an Bord der POTOSI in Hamburg, es wäre doch an der Zeit, einen Fünfmaster als Vollschiff zu bauen – und nicht als Bark. Laeisz folgte der Aufforderung des Monarchen:  Am 7. Mai 1902 lief in Geestemünde die PREUSSEN mit 147 m Länge und 8.000 t Nutzlast vom Stapel. Sie war der größte frachtfahrende Windjammer aller Zeiten.

Doch die Reederei hatte mit den großen Schiffen weniger Erfolg, trotz schneller Reisen. Sie brauchten mehr Mannschaft und der Ladevorgang war sehr zeitaufwändig. So blieb der Typ Viermastbark das wirtschaftlichste Schiff, darunter bekannte Segler wie PEKING, PASSAT, PAMIR und – als der letzte von 82 Seglern, die PADUA.

Anders als der Franzose Antoine-Dominique Bordes stieg die Reederei Laeisz rechtzeitig auf die seit Mitte des 19. Jahrhunderts aufkommende Dampfer- und Motorschifftechnologie um. Schon die PADUA, das heutige russische Segelschulschiff KRUZENSHTERN, diente vorranging der praktischen Ausbildung des Nachwuchses von Kapitänen und Offizieren. Zu deren Ausbildung gehörte in Deutschland bis 1957 eine längere Fahrt auf Segelschiffen.

Wohltäter, Mäzene und eine Förderin der Wissenschaft

Ferdinand Laeisz gehörte von 1859 bis an sein Lebensende der Hamburgischen Bürgerschaft an, ab 1871 war er mehrere Male Alterspräsident.

Auf seine Initiative hin wurden für die ärmeren Hamburger Volksküchen eingerichtet und Volksbäder errichtet. Sein Laeisz-Stift wurde 1860 eröffnet und war bis zur Zerstörung im Zweiten Weltkrieg in Betrieb. 1861 hatte er eine Seemannskasse gegründet und finanzierte noch im selben Jahr den „Hamburger Rettungsverein“, der 1865 in der “Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger“ aufging. Auf seine Initiative hin wurde im Zusammenhang mit der Sozialgesetzgebung des Reichskanzlers Bismarcks auch die See-Berufsgenossenschaft gegründet.

Carl Laiesz

Der Musikliebhaber Carl Laeisz stiftete 1,6 Mio. Reichsmark für eine Musikhalle. Seine Ehefrau Sophie erhöhte nach Carls Tod den Betrag auf 2 Mio. Reichsmark. Die Laeiszhalle im neobarocken Stil wurde 1908 eingeweiht.

Ferdinand Laeisz starb mit 86 Jahren am 7. Februar 1887. Carl Laeisz am 22. März 1901 und ein Jahr zuvor bereits sein Sohn Carl Ferdinand.

Sophie Laiesz

Sophie Laeisz zog nach dem Tod ihres Sohnes und seiner Frau ihre Enkelkinder auf. Sie engagierte sich im Frauenhilfsverein, der ein Spital führte und für die Ausbildung von Ärzten und Pflegepersonal sorgte.  Sie sicherte die Laeisz-Stiftung ihres Schwiegervaters ab, so dass diese weiterhin für Bedürftige Wohnraum und Verpflegung bereitstellen konnte. Um die Bildung in der Stadt zu fördern, wurde sie 1906/7 zum Gründungsmitglied der Hamburgischen Wissenschaftlichen Stiftung. Sie starb 1912.

Heute ist die Reederei mit ihrem Stammsitz an der Trostbrücke in Hamburg ein international tätiges Unternehmen mit Autotransportern, Containerschiffen, Gastransportern, Forschungsschiffen – u.a. POLARSTERN – und Flusskreuzfahrern.  Die Namensgeschichte der legendären P-Liner symbolisiert ein bronzener Pudel auf dem Portalsims des denkmalgeschützten Kontorhauses „Laeiszhof“ am Nikolaifleet. Doch er erinnert auch an die wunderbaren Frisuren der Sophie Laeisz.

 

Volker Börkewitz

Der boomende Handel mit dem wertvollen Düngemittel und Rohstoff für Sprengstoff führte zu einem intensiven Segelschiffsverkehr zwischen Europa, den USA und der Pazifikküste Chiles, rund um Kap Hoorn, der berüchtigten Südspitze Südamerikas. Anfänglich lagen die Zielhäfen in Europa in England, Frankreich und den Niederlanden. Mit der Reederei Laeisz in Hamburg wurde auch die Hansestadt ab 1878 Zielhafen für Salpetertransporte.

Salpeterschiffe vor Iquique

In Chile selbst erfolgte der Transport an die Küste über Eisenbahnen, deren Strecken man mit britischem Geld finanziert hatte und die sternförmig an die Küstenorte Iquique, Tocopilla, Mejillones, Antofagasta und Taltal führten. Da es dort keine Hafeninfrastruktur gab, wurden die Segler auf Reede mittels Schuten mit Salpeter in Säcken beliefert. Zuvor musste die Ladung aus Europa – Kohle, Zement, Maschinen etc. – in Valparaíso gelöscht werden. Auch nutzloser Ballast, Steine und Sand, entsorgte man im Pazifik an dafür vorgesehen Stellen.

Danach, auf Reede, war Warten angesagt. Die Menge der Schiffe konnte kaum gleichzeitig bedient werden. Das Beladen war zeitaufwendig, das fachgerechte Verstauen der Ladung nur wenigen Spezialisten vorbehalten. So lange die Schiffe noch nicht mit technischen Hilfsmitteln zur Beladung ausgestattet waren, wurde das Staugeschäft tatsächlich nur durch einen einzigen Mann erledigt, den Stevedore, der lediglich zwei Gehilfen mitbrachte, die ihm die von oben in den Raum einschwebenden Säcke auf die Schultern legten. Im Dauerlauf, mit kurzen trippelnden Schritten, lief der Stevedore an die Stelle, an der der Sack liegen sollte. Ein kurzer Ruck — und die Last flog über seinen Kopf dahin, wo sie liegenblieb, bis Schauerleute im Hamburger Hafen sie wieder an das Licht des Tages beförderten. So genau lag ein Sack dann, daß es niemals erforderlich war, auch nur das geringste daran zu korrigieren. Die Stevedore und ihre Helfer bauten unter Deck kunstvolle Sackberge, die auf der gefährlichen Fahrt um Kap Hoorn nicht verrutschen konnten. Diese Schauerleute waren oft Indigene oder Migranten aus China. Sie wogen häufig weniger als die Säcke, die sie schleppten.

Auf den Schiffen musste die Besatzung mit Handwinden die Ladung von den Schuten in den Laderaum bugsieren. Später kamen Winden mit Petroleummotor, sogenannte Donkeys, zum Einsatz.

Das Beladen der Segler, die um die Jahrhundertwende mehr als 4.000 Tonnen transportieren konnten, dauerte zwischen zwei und vier Wochen, je nach Organisation der Reedereien vor Ort und Verfügbarkeit des Salpeters.

Einer unter den Reedern verstand es allerdings, den Ladevorgang in Chile so zu organisieren, dass, zusammen mit seinen technisch ausgereiften Seglern und hervorragenden Mannschaften, er sich den Titel „Flying P-Liner“ erwarb, Ferdinand Laeisz.

Die PEKING im Schlepp

Christine Hieber

Neben der PEKING existieren von den Flying P-Linern heute nur noch die PASSAT und die 1926 gebaute PADUA. Die PASSAT liegt als Museumsschiff in Travemünde und die PADUA ist heute ein russisches Segelschulschiff namens KRUZENSHTERN. Die 1903 in Glasgow erbaute Viermastbark POMMERN  ist heute Museumsschiff in Mariehamn, Finnland. Sie fuhr einige Jahre für Laeisz, gehört aber nicht zu der Serie der Flying-P-Liner. Erschreckend war das Schicksal der PAMIR. Sie sank am 21. September 1957 in einem Hurrikan auf dem Atlantik. Die Katastrophe kostete 80 Seeleute das Leben, unter ihnen viele junge Seekadetten.

Leben an Bord

An Bord der PEKING gab es keinen Strom. Für Licht sorgten unter Deck Petroleumlampen, an Deck Mond und Sterne. Der Proviant bestand aus getrockneten Hülsenfrüchten und Trockenbrot, das in einem Stahltank aufbewahrt wurde. Dazu aß man Sauerkraut und andere lang haltbare Lebensmittel. Für die Fleischversorgung gab es vorne am Bug des Schiffes zwei Schweinekoben, deren Bewohner, mit Abfällen gefüttert, im Laufe der Reise geschlachtet wurden. In den Rettungsbooten waren Hühnerställe untergebracht.

Üblicherweise war die Besatzung von 32 bis 34 Mann in zwei Wachen eingeteilt, die sich alle vier Stunden abwechselten – mit Ausnahme des Kapitäns, des Schiffszimmermanns und des Kochs. Alle Leute waren in trockenen, warmen Quartieren im Mittschiffsaufbau, dem Brückendeck, oder achtern untergebracht. Niemand musste mehr, in bei schwerem Wetter ständig überschwemmten Deckshäusern, oder gar unter der Back ganz vorne am Bug hausen, wo die Bewegungen des Schiffes bei starkem Seegang am heftigsten waren. Das war in der Chilefahrt besonders wichtig, denn die Schiffe durchquerten auf einer Reise zwei Mal das für seine heftigen Stürme und riesigen Wellen berüchtigte Seegebiet um Kap Hoorn.

Die Reisen der Peking

Unter dem Befehl von Kapitän Hinrich Nissen machte die PEKING von 1911 bis 1914 vier Reisen nach Chile, eine davon in nur 57 Tagen. Dann übernahm Kapitän August Oetzmann die Viermastbark. Als er am 28.8.1914 in Valparaiso, Chile eintraf, wurde die PEKING des am 1. August begonnenen Ersten Weltkriegs dort festgesetzt. Fünf lange Jahre lag sie dann zusammen anderen deutschen Windjammern auf der Reede von Valparaiso fest.  Nach Kriegsende musste Deutschland gemäß den Bedingungen des Versailler Vertrags alle großen Handelsschiffe abgeben.

Kapitän Oetzmann entschloss sich in Chile zu bleiben, Kapitän Heinrich Oellrich übernahm die PEKING für die Rückführung nach Europa. Am 5. Januar 1921 kam sie in London an, wo sie an Italien übergeben werden sollte. Dort gab es aber keine Verwendung für den Segler.

Im Januar 1923 kaufte die Reederei Laeisz die PEKING wieder zurück, um sie wieder in der Chile-Fahrt einzusetzen. Kapitän Oellrich führte die PEKING auf weiteren vier Reisen, bis er sie im November 1925 an Kapitän Hinrich Nissen übergab. 1926 übernahm Kapitän Hermann Piening.

Jedoch machte die schlechte Wirtschaftslage in Europa in den 1920er Jahren die Geschäfte für Laiesz schwierig. Das 1917 entwickelte Verfahren zur synthetischen Herstellung von Ammoniak bedeutete, dass man weniger Salpeter aus Chile brauchte.  Laeisz verkaufte nach und nach etliche Schiffe. Einige Segelschiffe fuhren mit verminderter Stammbesatzung, nahmen dafür aber „Zöglinge“ an Bord, wie die angehenden Seeleute genannt wurden, so auch die PEKING. Die Nachfrage nach diesem Angebot war groß, denn die Segelschiffe verschwanden langsam von den Weltmeeren, aber für das Steuermanns-Patent war damals Fahrzeit auf Segelschiffen vorgeschrieben. Die jungen Leute bezahlten deshalb für die Reise. Um Quartiere zu schaffen, verlängerte man 1927 den achteren Aufbau, die Poop, um einige Meter. So konnte die PEKING nun bis zu vierzig zahlende Zöglinge an Bord nehmen. Unter dem Kommando von Kapitän Jürgen Jürs und, ab 1931 – Johannes Rohwer, segelte sie zwischen 1928 und 1932 noch sechs Mal nach Chile, dann zwang die Weltwirtschaftskrise die Reederei alle Segler, bis auf die beiden neuesten, PRIWALL und PADUA, zu verkaufen.

 

Erziehungsheim Arethusa II – Jungen und der Kapitän

Christine Hieber

Die Peking erhielt nach dem Verkauf eine neue Bestimmung.  Aus dem Kap Hoorn-Segler PEKING wurde ab September 1932 das stationäre Schul- und Internatsschiff ARETHUSA II der „Shaftesbury Homes & Arethusa Training Ship Co.“, verankert auf dem Medway, einem Seitenarm der Themse. Sie diente also als Heim für Jungen mit sozialen Defiziten: Diese erhielten dort Schulbildung und eine Ausbildung als Seemann.

Peking als Museumsschiff in New York.

1974 wurde die Peking nochmals verkauft. Sie gelangte an das South Street Seaport Museum in New York, USA. Nach dem Umbau zum Museumschiff lag sie dort im Hudson River.

Rückkehr nach Hamburg

Nach langen Verhandlungen stellte die Bundesregierung im Jahr 2015 die Mittel für Rückführung und Restaurierung der PEKING zur Verfügung. Sie soll das  als Herzstück eines neuen Deutschen Hafenmuseums auf der Südseite der Elbe werden.

Peking im Dockschiff

Im Mai 2016 begannen die Vorbereitungsarbeiten. Im Sommer 2017 wurde die PEKING in einem Dockschiff über den Atlantik transportiert. Bei der der Peters-Werft in Brunsbüttel wurde sie restauriert, bis sie im Mai 2020 ihren vorübergehenden Liegeplatz am Hamburger Hafenmuseum (Schuppen 52) einnehmen konnte.

Die Peking kehrt nach Hamburg zurück

Zum Weiterlesen:

Harald Focke, Tobias Gerken (Hrsg.): Mit der PEKING um Kap Hoorn (Wiefelstede, 2018)

Andreas Gondesen: Die letzten Flying P-Liner (Wiefelstede 2010)

Peter Klingbeil: Die Flying P-Liner – Die Segelschiffe der Reederei Laeisz (Bremerhaven, 2006)

Heiner Müller-Elsner, Peter Matthias Gaede, Michals Schaper: Segelschiff PEKING Rückkehr einer Legende (Bielefeld, 2021)

Alan Villiers: Auf blauen Tiefen (Hamburg,1984)

 Quellen zusätzlich zu den vorgenannten:

Laeisz „Bauvorschrift eines stählernen Viermast-Bark-Schiffes für F. Laeisz, Hamburg (Reprint, Hamburg, 2018)

Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie: Meteorologische Logbücher der PEKING 1911-1932 (Archiv)

Lloyds‘ Register Documents: PEKING ARETHUSA 1910-1960 (Archiv)

Alan Villiers: The War with Cape Horn (New York, 1971)

 Bildquellen:

slider Peking: Gemälde-Ausschnitt „Flying P-Liner „Peking“ auf hoher See (Maler: Schmidt-Hamburg) Wikipedia gemeinfrei (https://de.m.wikipedia.org/wiki/Datei:Peking-Segelschiff-Maler_Schmidt-Ausschnitt.png . / Abb: Peking auf hoher See: Gemälde-Ausschnitt „Flying P-Liner „Peking“ auf hoher See (Maler: Schmidt-Hamburg) Wikipedia gemeinfrei (https://de.m.wikipedia.org/wiki/Datei:Peking-Segelschiff-Maler_Schmidt-Ausschnitt.png ./ Abb.: Peking im Schlepp: Foto Archiv Laiesz, Rechte bei Christine Hieber. / Abb. Die Salpeterhäfen: Wiedergabe mit der freundlichen Erlaubnis von Winfried Schrödter, siehe auch: https://www.vexilli.net/1HP/Padua/index.html / Abb. Salpetermine in der Atacamawüste: Wiedergabe mit der freundlichen Erlaubnis von Winfried Schrödter, siehe auch: https://www.vexilli.net/1HP/Padua/index.html / Abb. Siedearbeiten: Wiedergabe mit der freundichen Erlaubnis der SHMH. / Abb. Iquique, Plaza Prat: Wiedergabe mit der freundlichen Erlaubnis von Winfried Schrödter, siehe auch: https://www.vexilli.net/1HP/Padua/index.html  7  Abb.  Aktie der Firma H.B. Sloman: Bildherkunft ungeklärt. Bei eventuellen Urheberrechtsansprüchen bitten wir um eine Meldung unter: urbanski@hamburg-geschichtsbuch.de /  Abb. Salpeterschiffe vor Iquique: Wiedergabe mit der freundlichen Erlaubnis von Winfried Schrödter, siehe auch: https://www.vexilli.net/1HP/Padua/index.html / Abb. Ferdinand Laiesz: Bild aus wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Ferdinand_Laeisz#/media/Datei:FERDINAND_LAEISZ.jpg / Abb.  Hamburger Brand: Jungfernstieg mit Häusersprengung (Peter Suhr), Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg, aus KS 1025/17s (Teil II, Bl. 22) / Abb. Pudel auf dem Laiesz-Hof: Alle Rechte bei Christine Hieber. / Abb. Größenvergleich der Laiesz-Segler: Bildherkunft ungeklärt. Bei eventuellen Urheberrechtsansprüchen bitten wir um eine Meldung unter: urbanski@hamburg-geschichtsbuch.de. / Abb. Carl Laiesz: Christian Wilhelm Allers, Public domain, via Wikimedia Commons, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Carl_Laeisz_(Allers).jpg.Sophie Laiesz: Bild aus wikipedia:  https://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Laeisz#/media/Datei:Sophie_Laeisz_jung.jpg 7 Abb. Peking in der Elbmündung: Foto Archiv Laiesz, Rechte bei Christine Hieber. / Abb. Sophie Laeisz: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Sophie_Laeisz_jung.jpg / Abb. Abbildung Kruzenshtern: Żeglarz, Public domain, via Wikimedia Commons / Abb. Arethusa, New York, Dockschiff, Werft, Rückkehr nach Hamburg mit Dank übernommen von: https://peking-freunde.de/.