Stefan Kempe

? - 1540

Silke Urbanski

Hamburgs erster  Reformator

Stefan Kempe, auch Bruder Steffen genannt,  kam aus Kempen am Niederrhein. In seiner frühen Jugend wurde er von seinen Eltern in ein Franziskanerkloster gegeben. Von dort ging er ins Rostocker Franziskanerkloster, um an der dortigen Universität Theologie zu studieren. Er schloss mit dem baccalaureus sancte scripture ab, entsprechend einem Bachelor in Bibelstudien. Seinen ersten Kontakt mit der lutherischen Lehre hatte er in dem Franziskanerkloster in Rostock. Um Ostern 1523 sollte er in Angelegenheiten des Franziskanerordens nach Hamburg gehen. Dort predigte er aber sehr bald mit großem Erfolg in der Klosterkirche.  Als bekannt wurde, dass er wieder zurück nach Rostock gehen sollte, setzten sich die Bürger mit Drohungen gegen den Klosterprior dagegen ein. Er sorgte sich ab 1524 um Todeskandidaten und schrieb ein Lied um die Bekehrung des Seeräubers Kniphoff und dessen seliges Ende durch Henkershand. So konnte er ein breiteres Publikum erreichen.

Kempe wurde von der Seite der Altgläubigen massiv angegriffen. Ein Gegner besonderer Art war sein Universitätslehrer, der nun am Hamburger Dom als Lector Primarius, also als Chefprediger eingestellt war. Aber ab 1526 war Stephan Kempe nicht mehr der alleinige Prediger der lutherischen Lehre. In St. Nicolai und St. Jacobi beriefen die Gemeinden ebenfalls Lutheraner zu Pfarrern. Im Folgejahr wählte ihn die Gemeinde von St. Katharinen zum Pfarrer.

Der Rat wollte die Streitigkeiten um die richtige Konfession nicht ausufern lassen und bat die Vertreter beider Auffassungen zu Streitgesprächen, an denen Stefan Kempe jeweils als wichtiger Redner teilnahm. Kempe verfasste einen Bericht über den Verlauf der Reformation in Hamburg und stellt darin diese Disputationen genau da.

Nach der zweiten Disputation, in der die Lutherischen den Rat überzeugen konnten, wurde Johannes Bugenhagen, ein Mitarbeiter Luthers, nach Hamburg gerufen, um eine neue Kirchenordnung zu schaffen. Kempe arbeitete mit ihm zusammen. Im Jahr 1530 ging er nach Lüneburg, um dort beratend bei der  Umsetzung der lutherischen Konfession im Gottesdienst tätig zu sein. Im selben Jahr muss er die Bürgertochter Anna Eycke geheiratet haben, die zuvor Nonne im Kloster Harvestehude war. Er erwarb in der Folgezeit und wohl auch durch die Ehe mit Anna ein kleines Vermögen, dass ihm ein gutes Auskommen sicherte. Er starb am 23. Oktober 1540 in Hamburg.

Stefan Kempe galt im 16. Jahrhundert als erster und bedeutendster Hamburger Reformator, auch wenn er selbst in seinem „Wahrhaftigen Bericht“ über den Verlauf der Reformation diese Ehre dem alten Pfarrer von St. Katharinen, Ordo Stenmel, zuschrieb. Im Laufe der Jahrhunderte wurde bei Reformationsfeiern an Stephan Kempe erinnert, aber sein Wirken trat hinter dem des Johann Bugenhagen zurück. Das  Stephan-Kempe-Kirche genannte Gemeindezentrum in Hammerbrook wurde 1943 im Feuersturm zerstört. An Kempe erinnert nunmehr noch eine Klinkerstatue an der Bugenhagenkirche in Barmbek.

 

Grundlegende Literatur:

Gretzschel, Matthias: Stefan Kempe [https://www.hamburger-reformation.de/blick-zurueck/hamburger-koepfe/stefan-kempe].

Jensen, Wilhelm: Die hamburgische Kirche und ihre Geistlichen seit der Reformation, Hamburg 1958, S. 98.

Postel, Rainer: Hamburg – Stephan Kempe, Johannes Bugenhagen und Johannes Aepinus, in: Europa reformata. Reformationsstädte Europas und ihre Reformatoren, hg. v. Michael Welker, Michael Beintker und Albert de Lange, Leipzig 2016, S. 157-166.

Stephan Kempes̕  Wahrhafter Bericht, die Kirchensachen in Hamburg vom Anfange des Evangelii betreffend. Aus dem Niedersächsischen ins Hochdeutsche übertragen und als Beitrag zur Feier des dritten Reformations-Jubelfestes der Hamburgischen Kirche, hg. v. Ludwig Christian Gottlieb Strauch, Hamburg 1828.

Rau, Susanne: Stephan Kempe, in: Hamburgische Biografie. Personenlexikon (Bd. 3), hg. v. Franklin Kopitzsch und Dirk Brietzke, Hamburg 2006, S. 200f.

 

Bildnachweise:

Abb. Titelfeld: Stefan Kempe, Staatsarchiv Hamburg, StAHH SSAR-PRT-V115102815380_0002.