Eike Holst
Das Konzerthaus Elbphilharmonie, umgangssprachlich „Elphi“ genannt, eröffnete am 11. Januar 2017 nach zehnjähriger Bauzeit seinen großen Konzertsaal in Anwesenheit des Ersten Bürgermeisters Olaf Scholz, Bundeskanzlerin Angela Merkel und weiterer Prominenz.
Im Herbst 2001 hatte der Hamburger Projektentwickler und Architekt Alexander Gérard gemeinsam mit seiner Frau, der Kunsthistorikerin Jana Marko, dem Hamburger Senat ihre Idee einer Musikhalle auf dem ehemaligen Kaispeicher A von 1963 im Hamburger Hafen vorgestellt. Dieser hatte als Stückgutspeicher gedient, wurde jedoch nicht mehr genutzt, seit diese Waren in einen anderen Teil des Hafens verlagert worden waren. Ende 2002 stellte der Hamburger Senat unter dem Ersten Bürgermeister Ole von Beust Pläne für ein Kulturzentrum in der neu entstehenden Hafencity vor, ein halbes Jahr später veröffentlichte das Schweizer Architekten Büro Herzog & de Meuron einen ersten Entwurf für die Gestaltung der Konzerthalle. In einer Machbarkeitsstudie aus dem Sommer 2005 wurde die Gesamtkostenschätzung auf 186 Millionen Euro angesetzt, der Anteil der Stadt sollte bei 77 Millionen Euro liegen. Es wurde eine Stiftung eingerichtet und Spendengelder gesammelt. Im November 2006 gab Bürgermeister Ole von Beust bekannt, dass die Gesamtkosten auf 241,3 Millionen Euro, der Anteil der Stadt auf 114,3 Millionen Euro steigen würden. Dennoch stimmte die Hamburgische Bürgerschaft am 8. Februar 2007 einstimmig für den Bau der Elbphilharmonie.
Nach der Grundsteinlegung im April 2007 begann die komplizierte Bauphase der Elbphilharmonie, die insbesondere durch die Explosion der Kosten und Verzögerungen des Fertigstellungstermins geprägt war. Im November 2008 hatten sich die Kosten für die Stadt bereits auf 323 Millionen Euro erhöht. Das erste der 1.100 außergewöhnlichen Glaselemente für die Fassade wurde im Dezember 2009 eingesetzt. Diese Elemente bestehen aus mehreren Schichten, sind gegen Wärme und Licht bearbeitet und teilweise aufwändig geschwungen. Im April 2010 reichte die Stadt Hamburg beim Amtsgericht Klage gegen den zuständigen Baukonzern Hochtief ein, um endlich einen verbindlichen Terminplan für die Fertigstellung zu erhalten. Im Mai 2010 wurde unter Protesten das Richtfest der Elbphilharmonie gefeiert.[1] Die Arbeiten verzögerten sich jedoch weiter, schließlich herrschte ab November 2011 Stillstand auf der Baustelle, da Sicherheitsbedenken an der Dachkonstruktion aufgetaucht waren. Das Dach der Elbphilharmonie sollte wie eine „gläserne Welle“ die Wellen der Elbe nachbilden und dem Gebäude eine unverwechselbare Form geben.
Erst im Mai 2012 lenkt Hochtief nach einer zunächst außergerichtlichen Einigung mit der Stadt Hamburg und einem darauffolgenden Ultimatum ein. Die Stadt drohte mit der Kündigung sämtlicher Verträge, sollte der Baukonzern keine verbindliche Erklärung zur Fertigstellung abgeben. Im Frühjahr 2013 fand schließlich eine Einigung statt, die erneut erhebliche Mehrkosten für die Steuerzahler beinhaltete. Alle Partner unterzeichneten verbindliche Verträge, die der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden.[2] Die Gesamtkosten wurden für die Stadt auf 789 Millionen Euro berechnet. Zuzüglich der für den Bau getätigten Spenden belief sich die Summe sogar auf 866 Millionen Euro – mehr als zehnmal so teuer wie ursprünglich angesetzt.
Die Baumaßnahmen wurden ab Juni 2013 nach über eineinhalb Jahren fortgesetzt, das Dach geschlossen und der Innenausbau in den Folgejahren fortgesetzt. Besondere Akzente bildeten hierbei die Verankerung des großen Saales im Gebäude, der durch Stahlfedern vom restlichen Gebäude schalltechnisch entkoppelt wurde. Zudem sorgen mundgeblasene Lampen für die richtige Lichtstreuung im Saal. Die aufwändige Innenauskleidung des Saales, die sogenannte „weiße Haut“, wurde installiert für eine einzigartige Akustik und vieles mehr. Im November 2016 konnte die Plaza der Elbphilharmonie eröffnet werden, ein Aussichtspunkt, der über eine geschwungene Rolltreppe erreicht werden kann. Diesen können Besucher auch ohne eine Konzertkarte besuchen. Die Plaza ist mit 188.000 roten Ziegelsteinen gepflastert, die nach den Farbtönen des Kaispeichers extra gebrannt und nach genauen Vorgaben verlegt worden sind. Das Gebäude beinhaltet neben dem Großen und einem Kleinen Konzertsaal für 2.100 bzw. 550 Besucher noch einen dritten Saal, das „Kaistudio 1“ mit 170 Sitzplätzen, dazu noch einen Hotelbetrieb, Gastronomie und Eigentumswohnungen.
Zu den Betriebskosten der Elbphilharmonie gehört die aufwändige Fensterreinigung. Dreimal im Jahr wird die Fassade mit speziellem Wasser für drei Wochen durch Industriekletterer gereinigt – zu einem Preis von etwa 52.000 Euro. Die Summe teilen sich Stadt, Wohnungseigentümer und Hotelbetreiber.[3]
Abgesehen von der Kostenexplosion und der häufigen Verschiebung der Fertigstellungstermine war die Intransparenz der Verhandlungen zwischen den einzelnen Akteuren ein großer Kritikpunkt an dem Bau der Elbphilharmonie. Zwei parlamentarische Untersuchungsausschüsse sollten den Vorwurf der Intransparenz klären. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass unter anderem die frühe Ausschreibung des Projektes, bevor auch nur die Planungen abgeschlossen waren, eine deutlich zu niedrige Ansetzung der Kosten und die Überforderung der städtischen Realisierungsgesellschaft Hauptschuld an den Entwicklungen trugen.[4]
Festzuhalten ist, dass die Elbphilharmonie sich großer Beliebtheit bei Hamburg Besuchern und Einheimischen erfreut. Das vielfältige Konzertprogramm erfährt großen Zuspruch und die kostenfreie Plaza wird als neuer öffentlicher Platz für Hamburg angenommen.
Bildnachweise: Wikimedia commons, Urheber Officaaa https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Die_Elbphilharmonie.jpg?uselang=de (aufgerufen am 12.05.2022)
Weiterführende Literatur:
[1] Zu den Protesten unter anderem: Baukosten. Proteste beim Richtfest für Elbphilharmonie, das Erste online, https://daserste.ndr.de/panorama/aktuell/panoramabaukosten102.html (aufgerufen am 12.05.2022) oder ein Videobeitrag auf Youtube „Protest bei Elbphilharmonie-Richtfest 28.05.2010“ https://www.youtube.com/watch?v=rf62FbmlBhs (aufgerufen am 12.05.2022)
[2] https://www.hamburg.de/kulturbehoerde/projekte/3926712/elbphilharmonie-vertraege-unterzeichnet.html (aufgerufen am 05.05.2022)
[3] Lagershausen, Laura: Elbphilharmonie – einmal Fensterputzen kostet 52.000 Euro, Hamburger Abendblatt online vom 18.10.2017, http://www.abendblatt.de/hamburg/article212274177/Elbphilharmonie-einmal-Fensterputzen-kostet-52-000-Euro.html (aufgerufen am 05.05.2022)
[4] Rickens, Christian: Vertraulicher Bericht nennt Schuldige des Elbphilharmonie-Desasters, spiegel online vom 06.01.2014, https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/elbphilharmonie-bericht-des-untersuchungsausschusses-nennt-schuldige-a-942078.html (aufgerufen am 06.05.2022)