Christoph Strupp (Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg)
Am Ende des Zweiten Weltkriegs waren in Hamburg rund 300.000 von 563.600 Wohnungen und damit 53 Prozent des Wohnungsbestands vernichtet oder unbewohnbar. Ganze Stadtteile wie Rothenburgsort und Hammerbrook waren vollständig zerstört worden. Allerdings hatte die Zahl der Menschen in der Stadt nur um rund 20 Prozent abgenommen.
Die pro Person verfügbare Wohnfläche hatte sich im Vergleich zur Vorkriegszeit von 13,6 qm auf 7 qm fast halbiert. Zunächst standen für den Wohnungsbereich nicht genügend Ressourcen zur Verfügung, es fehlte an Arbeitskräften und Material. So wurden bis 1948 ca. 40.000 beschädigte Wohnungen renoviert, vor allem in Barmbek, Altona-Nord, Hamm-Horn, Dulsberg und der Jarrestadt, aber nur rund 7.800 neu gebaut. Erst ab 1949 konnte der Wiederaufbau von Wohnraum intensiver betrieben werden, aber trotzdem fehlten 1953 noch mindestens 180.000 Wohnungen. Obwohl in dem Stadtstaat manche Entscheidungswege kürzer waren und durch die Einheit von Land und Gemeinde Kompetenzen gebündelt werden konnten, verwalteten die städtischen Behörden und Ämter über mehrere Jahre nur den Mangel. Das galt besonders für das Amt für Raumbewirtschaftung, das spätere Wohnungsamt, aber auch für das Amt für Ernährung.
Zu der Wohnungsnot kam in den Jahren bis zur Währungsreform im Juni 1948 noch ein massiver Mangel an Lebensmitteln, Kleidung und Brennstoffen. Auch an den Ersatz im Krieg verlorenen Hausrats war zunächst nicht zu denken. Im „Katastrophenwinter“ 1946/47 fiel die über Lebensmittelkarten offiziell erhältliche Kalorienmenge zeitweise auf rund 1.000 kcal pro Tag und Person – Bürgermeister Max Brauer nannte im November 1946 2.500 kcal als eigentlich erforderlichen Normalsatz –, wobei die schlechte Qualität der Lebensmittel die tatsächliche Kalorienmenge noch weiter absenkte.
Die Vorräte in der Stadt waren so knapp, dass die Rationen zeitweise nicht monatlich, sondern nur wöchentlich oder sogar tageweise ausgegeben werden konnten.
Bereits 1945 hatte sich die Situation durch den Zuzug von während des Krieges ins Umland evakuierten „Butenhamborgern“ und Flüchtlingen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten verschärft. Am 1. April 1946 erließ die Stadt deshalb eine Zuzugssperre, die bis 1950 galt. Ausnahmen erteilten die Arbeitsämter für Menschen mit Mangelberufen, z.B. Handwerker, Kaufleute und Ärzte, sowie für NS-Verfolgte und Emigranten.
Bildnachweise:
Abb. Titelfeld: Nachkriegs-Schlangestehen (Ausschnitt), Staatsarchiv Hamburg, StAHH 720-1_221-07=1947_04_02.
Abb. Thementext: Nachkriegsfamilie, Staatsarchiv Hamburg, StAHH 720-1_221-07=1946_071 / Nachkriegsschuhwerk, Staatsarchiv Hamburg, StAHH 720-1_221-07=1946_101 / Nachkriegs-Schlangestehen, Staatsarchiv Hamburg, StAHH 720-1_221-07=1947_04_02.