Schule im Mittelalter

Birgit Steinke

Als Gründer der ersten Hamburger Bildungseinrichtung gilt Bischof Ansgar

Die Domschule – Ansgars Schule

Bildung und Erziehung der Kinder spielte in Hamburg immer eine große Rolle. Ansgar (801-865), Erster Bischof der Stadt, eröffnete bei der Domkirche eine Schule, die Marianische Schule.

Aus dem Kloster Alt-Corbie warb Ansgar Lehrer an. Darüber hinaus kaufte er von den Dänen und Slaven Knaben, die für die Verbreitung des Christentums erzogen werden sollten. Von Ludwig dem Frommen (778-840) erhielt Ansgar neben der Genehmigung für diese Schule einen beträchtlichen Vorrat an Büchern. Die Domschule wurde aufgrund von kriegerischen Auseinandersetzungen mehrmals zerstört und wieder aufgebaut.

Im Jahre 1281 wurde von Bürgern im St. Nikolai-Kirchspiel eine Deutsche Schule gegründet. Später wurden in allen Kirchspielen Schulen und daneben Stadt- und Ratsschulen eröffnet. Die Stadt Hamburg versuchte mit diesen verschiedenen Schulen einen gewissen Standard an Schulbildung zu entwickeln und aufrechtzuerhalten.  Die Hamburger Schulen unterstanden dem Scholastikus der römisch-katholischen Geistlichkeit und damit dem Domkapitel. Dieser fungierte als dritthöchster Würdenträger des Domkapitels nach Propst und Dekan und führte die Aufsicht über die Schulen, sowohl innerhalb des Domkapitels als auch in der Stadt. Gleichzeitig war er auch Rektor der Gelehrtenschule, mit der die Geistlichkeit für die Heranbildung der Geistlichen sorgte. Der Scholastikus war ein wissenschaftlich gebildeter Mann, der die Schulmeister in den Kirchenschulen einsetzte und das Schulgeld einzog, was er jedoch willkürlich erhöhte. Die Lehrer wurden vom Scholastikus besoldet.

Der Scholastikus lebte wie andere Geistliche des Domkapitels rund um den Dom (die Kirche rechts unten)

In allen Schulen jener Zeit gab es hauptsächlich zwei Unterrichtsmethoden: Das Auswendiglernen und das darauf folgende Diskutieren. Die Schüler beschäftigten sich in erster Linie mit religiösen, philosophischen oder rechtlichen Texten. Sie lernten Passagen auswendig und wurden hinterher dazu befragt. Danach wurde eine Pro- und Contra-Diskussion zwischen Lehrern und Schülern über die Aussagen der Texte geführt. So stellten Lehrer sicher, dass die Schüler die Texte verstanden und durchdrungen hatten.

Immer wieder gab es Beschwerden über die Qualität der Lehrer und die Höhe des Schulgeldes, das zwischen dem Rat und der Bürgerschaft auf der einen Seite und dem Domkapitel auf der anderen Seite 1387, 1477, 1483 und 1499 ausgehandelt worden war.

Am Vorabend der Reformation gab es in Hamburg wohl neben der Domschule eine Deutsche und eine Lateinschule an der Domkirche und eine Deutsche und eine Lateinschule an der Nikolaikirche. Darüber hinaus gab es öffentliche Schreibschulen, die jedoch vom Scholastikus nicht anerkannt und „Winkelschulen“ genannt wurden. Auch hier wurden nur die elementarsten Kenntnisse vermittelt.

In „Winkelschulen“, das heißt in privaten Räumen abgehaltener Unterricht, arbeiteten oft Frauen, die ihren Lebensunterhalt mit der Kenntnisvermittlung an Mädchen verdienten. Neben dem Gesang gehörten Lesen und Schreiben zu den wichtigen Fähigkeiten zukünftiger Handwerker- oder Händlersgattinnen.

Gegenüber der Jacobikirche, auf der linken Seite der Steinstraße (hier der Zustand im frühen 19. Jahrhundert) lag das Hamburger Beginenkonvent

Guten Unterricht konnten Mädchen auch bei den Beginen in ihrem Haus an der Steinstraße erhalten. Der Beginenkonvent entstand um 1245. Bis zu zwanzig Mädchen wurden dort unterrichtet. Die Beginen, eine Gemeinschaft frommer Frauen, die zusammen lebten und arbeiteten, ohne Nonnen zu sein, verfügten über eine kleine Bibliothek. Sie konnten lesen, schreiben,  zeichnen und malen. Dies mag die Inhalte ihres Unterrichts ausgemacht haben, zusätzlich zu erbaulicher Literatur und Kenntnissen der Krankenpflege, über die die Beginen verfügten.

Die Nonnen des 1247 errichteten Klosters Harvestehude nahmen Mädchen der städtischen Handwerker- und Kaufmannsfamilien sowie des Adels der Region zur Erziehung auf. Einerseits konnten diese Mädchen später als Nonnen im Kloster bleiben, andererseits erhielten sie bei den Schwestern eine Ausbildung, die ihrer Herkunft entsprach: Gesang, Latein, Nadelarbeiten, Lesen, Schreiben und Rechnen wurden unterrichtet.

 

Literatur:

Boese, Martina und Tiedemann, Kathrin: Der Beginenkonvent im spätmittelalterlichen Hamburg, in: ZHG 82 (1996), S. 1-28.

Meyer, Eduard: Geschichte des Hamburger Schul- und Unterrichtswesens im Mittelalter, Hamburg 1843.

Salomon, Richard und Reetz, Jürgen: Rat und Domkapitel von Hamburg um die Mitte des 14. Jahrhunderts; 2 Bde., Hamburg 1968-1975 (Veröffentlichungen aus dem Staatsarchiv der Freien und Hansestadt Hamburg; Bd. IX).

Urbanski, Silke und Reiche, Axel: Immer Ärger mit den Nonnen. Zur Geschichte des Klosters Harvestehude bei Hamburg; Nahaufnahme Geschichte für die Sekundarstufe I; hg. v. Amt für Schule Hamburg, Hamburg 1995.

 

Bildnachweise:

Abb. Titelfeld: Domkirche und Nebengebäude vor dem Abriss, Staatsarchiv Hamburg, StAHH 720-1_131-05=03_091 (Ausschnitt).

Abb. Thementext: Ansgar-Statue auf der Brooksbrücke, Foto Dominik Kloss / Braun-Hogenberg-Plan von Hamburg um 1588 (Ausschnitt), nach Wikimedia Commons (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Hamburg_Braun-Hogenberg.jpg) / St. Jacobi (Peter Suhr), Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg, aus KS 1025/17s.